Was macht eigentlich Asylsozialarbeit? Zu Besuch in der Gemeinschaftsunterkunft Centa-Hafenbrädl-Straße in Freiham
Ich bin dann mal kurz nicht da!
Die zierliche Frau mit den blonden Haaren, huscht über den Gang, spricht kurz mit einem Flüchtling, der einen Arzttermin für seine Frau ausmachen möchte…“Du musst warten und eventuell heute mit einem Kollegen sprechen. Ich bin jetzt mal kurz nicht da! Oder du rufst selbst an?“ Frau Dr. Eller, Asylsozialarbeiterin der Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Freiham begrüßt mich freundlich. Sie ist quirlig, lebendig, aufgeschlossen und scheint es gewohnt, mehrere Dinge gleichzeitig zu jonglieren. Bei den Bewohnern der GU heißt sie Martina! Der Ton ist freundlich. Der Andrang groß. Es gibt viele Dinge, um die sich Menschen kümmern müssen, die in Deutschland Asyl beantragt haben und in einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge leben. Die Gemeinschaftsunterkunft in München-Freiham ist eine davon, sie wird im staatlichen Auftrag vom Sozialdienst der Inneren Mission betreut.
Die Aufgaben der Asylsozialarbeit sind vielfältig
Es geht um alles was das Leben in Deutschland betrifft und den Kontakt mit Behörden Organisationen betrifft. Schule, Berufsschule, Unterstützung bei der Dokumentenbeschaffung im Herkunftsland, Kontakte mit Jobcenter, der Ausländerbehörde, dem Amt für Wohnen und Migration…Aber auch das emotionale Wohl betreffend. Krisenmanagement, Freizeiteinrichtungen im Stadtteil, Orientierung in München, Termine mit Ärzten …einfach alles! Zweimal noch werden wir auf dem kurzen Weg den Gang runter in ein anderes Büro aufgehalten. Einmal geht es um die Rückforderung von Leistungen des Jobcenters einem Bewohner der GU gegenüber…. „Sag ihm wir vereinbaren mit dem Amt eine Ratenzahlung." Frau Eller zieht mit mir weiter über den Flur und instruiert eine Kollegin, Ein anderes Mal geht es um einen Rückruf in einer Anwaltskanzlei. Wie weit ist das Verfahren…? Der Bewohner ist beunruhigt und möchte wissen ob der Anwalt sich noch um seine Fall kümmert!
Krisen haben Vorrang! Prioritäten setzen!
Wir haben es geschafft und sind in einem Büro angekommen, das wir uns eine Weile für uns haben. Ich frage Sie, wie sie das schafft? Wie kann sie die Anfragen von über 300 Bewohnern beantworten. Wie allen gerecht werden? „Im Prinzip macht die Arbeit ganz viel Prioritäten setzten aus“, sagt sie. Welche Arbeit ist jetzt wirklich dringend? Was kann warten? Diese Entscheidungen müssen getroffen werden. Nicht nur einmal am Tag, sondern bei jeder Anfrage. In jedem Gespräch mit Bewohner/innen. Und, so Frau Eller weiter, dazu braucht es Vertrauen. Die Bewohner/innen müssen verstehen, warum sie jemanden vorzieht, oder ein Anliegen sofort bearbeitet und ein anderes hintenanstellt. Und die Bewohner müssen, das Vertrauen haben, dass sie diese Prioritäten setzen kann. Und, dass alle wichtigen Anliegen, auch ihre, bearbeitet werden! Sonst kommt Unverständnis, Neid und sozialer Unfriede auf. Krisen haben immer Vorrang. Das verstehen hier alle. Bei einigen anderen Fällen ist es nicht ganz so offensichtlich. „Da muss ich erklären“.
Alle wollen eine Wohnung!
Die Gemeinschaftsunterkunft (GU) hat 340 Betten und wird von der Inneren Mission betrieben. Menschen aus unterschiedlichsten Nationen sind hier untergebracht. Frauen, Männer, Familien, Alleinerziehende. Aus überwiegend afrikanischen Ländern, aber natürlich auch Syrien, Afghanistan, Iran und Irak.
Frau Dr. Eller ist von Anfang an dabei. Seit die GU hier Ende 2015, Anfang 2016 ihre Tore geöffnet hat. Und seitdem ist viel passiert. Auch viele Bewohner/inne sind seit über 2 Jahren hier, so dass sich Themen und Inhalte in vielen Fällen synchron weiterentwickelt haben.
Am Anfang war Ankommen, Asylantrag stellen,Termine beim Sozialamt, Vorbereitung auf die Anhörung im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Diese Anhörung entscheidet über die Anerkennung des Asyls. Inzwischen, so Frau Eller, sind viele Flüchtlinge anerkannt. Sie sind sogenannte „Fehlbeleger“. Das heißt, ihr Asylantrag ist anerkannt. Eigentlich müssten sie aus der Unterkunft ausziehen…aber: können vor Lachen. „Alle wollen eine Wohnung“ so Frau Dr. Eller. Wie soll das gehen, auf einem Wohnungsmarkt, auf dem sich schon Normalverdiener schwertun? Einzelne Flüchtlinge sind über die Neubauten im Programm „Wohnen für alle“ untergekommen. Aber das ist ein Bruchteil. Einige Flüchtlinge geben auch auf. Sie kehren in ihr Heimatland zurück. Gerade wenn klar ist, dass keine Aussicht auf Wohnraum in den nächsten Jahren besteht. Aber nicht alle haben diese Möglichkeit ohne ihr Leben zu gefährden. Für die meisten heißt es: Geduldig sein! So wie Frau Dr. Eller, die hier viele Flüchtlinge durch den Dschungel der Bürokratie begleitet hat. Und manchmal klappt es ja auch, und der Traum von den eigen vier Wänden und dem Job geht in Erfüllung… nur eben längst nicht für alle!