Aktuelles aus München
Die Teilnehmer des Asylgipfel Oberbayern senden ein Zeichen an den SPD-Sonderparteitag ©Gemeinsam für Menschenrechte und Demokratie

Wählt Menschenrechte!

Der vierte Asylgipfel Oberbayern fand unter der Anspannung des parallel tagenden Sonderparteitags der SPD zu Koalitionsverhandlungen statt. Dies bescherte vielleicht dem Asylgipfel ein ungewohnt großes und positives Medienecho. Es zeichnet sich immer stärker ab, dass der Trend aus 2017 sich verstetigt: die Helfer politisieren und verbünden sich.

Der vierte Asylgipfel Oberbayern fand am 20./21. Januar in München statt. Einen ganzen Tag lang tauschten sich Helferkreisvertreterinnne und -vertreter, Patinnen und Paten, Einzelkämpfer und junge wie alte Vereine aus zu den aktuellen Herausforderungen in der Integration von Geflüchteten und der Hilfe für Asylbewerber. Bereits vierzehn Tage vor der Veranstaltung waren alle Plätze belegt. Für Organisator Joost Hermann, der zum Sprecher der Helfer in Oberbayern geworden ist, ein Erfolg: „Wir zeigen ganz klar – wir sind nicht wenige und wir sind auch nicht weniger. Es gibt immer noch zahlreiche Menschen, die Flüchtlingen helfen möchten.“

Ungewöhnliche Bündnisse

Nebst zahlreichen Workshops fand auch ein Vernetzungstreffen, initiiert von Thomas Lechner von Gemeinsam für Menschenrechte und Demokratie, statt. Im Form einer Fishbowl diskutierten Gäste gemeinsam mit Matthias von Bellevue die Monaco e.G., Loulou vom Münchner Flüchtlingsrat e.V. und Micky von München ist bunt e.V. über die Notwendigkeit ungewöhnlicher Bündnisse. Spannende Wortbeiträge verdeutlichten anschaulich: Die Helferinnen und Helfer bekommen ein immer stärkeres Bewusstsein, dass Flüchtlingshilfe und humanitäre Hilfe per se politisch ist. Viel mehr noch verspüren sie auch immer stärker den Drang einer deutschen Politik, in der alle Parteien von einer Begrenzung von und einem Schutz vor Flüchtlingen spricht, die Gegengeschichte zu erzählen. Fand die Veranstaltung zufällig parallel zum SPD-Sonderparteitag zu den GroKo-Koalitionsverhandlungen statt, wurde doch sehr deutlich, dass die Helferschaft sich nicht mehr neutral zur Parteienpolitik verhalten kann. Doch wie auf den politischen Apparat einwirken?

Über die Maßnahmen waren sich die Helferinnen und Helfer unschlüssig. Flashmob? Kettenbriefe? Die Ideen pendelten fröhlich zwischen Bildern der Geschwister Scholl und der RAF. Der Wille ist da sich zu verbünden und kreativ und laut zu zeigen: Deutschlands Willkommenskultur ist nicht tot und die lassen wir uns von Euch nicht nehmen! Doch von wem eigentlich?

Nach wie vor kämpft die Szene mit Diffusität, Verzweiflung am Istzustand, knappen zeitlichen Ressourcen und dennoch der unerschütterlichen Hoffnung, dass es besser werden wird.

Eindeutig wurde aber auch: so wichtig Austausch und Zusammenarbeit von vorwiegend hauptamtlichen Institutionen und Interessensvertretungen für Flüchtlinge und Asylbewerber sind, so sehr braucht der ehrenamtliche Teil der Bewegung seine eigene Stimme und seine eigene Struktur. Ehrenamtliche haben und werden immer Herausforderungen und Problemstellungen haben, die nicht vereinbar sind mit hauptamtlichen Interessen und Priorisierungen. Das ist auch gut und richtig so. Nur durch Reibung ist der Austausch auch fruchtbar, so wie auch die Migrantenselbstorganisation nicht durch andere Strukturen ersetzbar ist. Doch die Differenzen betreffen hier fast ausschließlich den operativen Alltag. In der ideellen Sache ist man sich einig. Und hier wird der Zusammenhalt gewiss noch wachsen. Gut zu beobachten war in der Gesprächsführung hierbei wieder die Uneitelkeit der Akteure. Ob Du nun meinen oder Deinen Newsletter abonnierst – egal. Politisch kann vor Ort mal dies und mal das besser sein. Hauptsache, wir arbeiten alle zusammen und tauschen die Infos miteinander aus.

Am Ende der Fishbowl war deshalb noch nicht so recht etwas Konkretes da – dafür aber das Commitment aller, dass etwas getan werden muss.

Gemeinsam.

Thomas Lechner mobilisiert deshalb zu einem Initialtreffen eines bayernweiten Bündnisses für Menschenrechte und der Wahrung der Interessen der Flüchtlinge und Flüchtlingshelfer. Alle Interessierten sind eingeladen am 5. Februar ab 18.30 Uhr ins Feierwerk zu kommen. Es bleibt spannend ob es den Helferinnen und Helfern wirklich gelingt aus dem Wunsch gemeinsam ein Zeichen für Demokratie und Toleranz zu setzen, eine kräftige Bewegung entstehen zu lassen mit konkreten Ansätzen.

Am Ende des Gipfels jedenfalls stehen schon einmal zwei Erfolge:

  • Eine satte Berichterstattung im Merkur, dem Sonntagsblatt und der Süddeutschen Zeitung
  • Ein aussagekräftiges Foto, dass die Gruppe an die Parteitagsdeligierten nach Bonn sandte – mit dem Ergebnis, dass die Münchner geschlossen gegen die GroKo stimmten
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