Aktuelles aus München
Teilhabe als Menschenrecht

Teilhabe als Menschenrecht: Ein Parlament der Migrantinnen und Migranten

Am 9. Dezember 2017 diskutieren Migrantinnen und Migranten im Bayerischen Landtag. Sie zeigen, dass man nicht über Migrantinnen und Migranten sondern mit ihnen reden sollte

Anlass, über ein „Parlament der Migrant*innen“ nachzudenken, waren die Ergebnisse der Studie, die das Selbsthilfezentrum in 2015/2016 in Auftrag gegeben hatte: Befragung von Initiativen der Migrantenselbstorganisation zu ihrem Engagement für Flüchtlinge und Neuankömmlinge.

Aus den verschiedenen Formen der Zusammenarbeit des Selbsthilfezentrums (SHZ) mit den Migrantenorganisationen  ist bekannt, dass viele Initiativen Geflüchtete oder Neuankömmlinge aus ihren jeweiligen Herkunftsländern unterstützen. Um darüber ein genaueres Bild zu bekommen, führte das SHZ unter den Migranteninitiativen eine Befragung durch.

Die Befragung der Migrantenorganisationen erfolgte mittels eines standardisierten Fragebogens. Von 110 angeschriebenen Initiativen beteiligten sich 31 an der Erhebung. 29 davon gaben an, dass sie Angebote für Geflüchtete und Neuankömmlinge machen.  An erster Stelle standen „Begleitung zu Ämtern, Terminen oder Ähnlichem“ sowie „Gespräche, Information, Beratung“. An zweiter Stelle „Dolmetschen, mündliche Übersetzungen“ und „Kulturangebote“. Eine nicht unerhebliche Rolle spielten aber auch „Angebote für Kinder“, für „Menschen mit Behinderungen“ und „ältere Migrantinnen und Migranten“.

Zur Vertiefung der quantitativen Erhebung führte das SHZ 2015 mit Unterstützung durch ein externes Forschungsinstitut (SIM – Sozialwissenschaftliches Institut München) eine explorative, qualitative Untersuchung durch.  Im Zuge dieses Projektes wurden 15 qualitative Interviews mit Migrantenorganisationen durchgeführt. Befragt wurden Gruppen aus afrikanischen Ländern, aus Afghanistan, Ost-China, mehreren arabischen Ländern sowie eine Initiative aus der ehemaligen Sowjetunion.

Engagement kennt keine Grenzen

Nachfolgend werden einige zentrale Ergebnisse der qualitativen Untersuchung vorgestellt:

  • Das Engagement für Geflüchtete wird in den Initiativen nicht prinzipiell von der Arbeit für die hier schon länger lebenden Migrantinnen und Migranten unterschieden.
  • Die kontextuellen Rahmenbedingungen (Finanzen Räume, Personal, Zeit) sind sehr begrenzt.
  • Die Breite des Engagements bzw. der Angebote ist dennoch beträchtlich. Migrantenorganisationen informieren, beraten und unterstützen Flüchtlinge und Zugewanderte finanziell, sie übersetzen, bieten ihnen Freizeitangebote und vermitteln ins Profisystem.
  • Im Rahmen ihrer Freizeit- und Kulturangebote schaffen Migrantenorganisationen vielfach Möglichkeiten zum Austausch mit der örtlichen Bevölkerung. Diese Aktivitäten fördern die Akzeptanz und die Aufnahmebereitschaft in der Bevölkerung.

 

Migrantenorganisationen als Vermittler

Migrantenorganisationen sind also zentrale Vermittlerinnen und Vermittler einer kulturellen Grundlagenbildung.

Aus diesen Erkenntnissen und vor allem auf der Basis der Wünsche von Migrant*innen nach Anerkennung ihrer Integrationsleistungen entstand die Idee, ein „Parlament der Migrant*innen“ zu organisieren.

Viele Menschen mit Migrations- oder Fluchterfahrung konnten in Bayern eine neue Heimat finden und ein weltoffenes und kulturell vielfältiges Land mitprägen. Jetzt, in einer Zeit, in der viele Menschen vor Krieg und Verfolgung fliehen, kann unser Land von diesen Integrationserfahrungen profitieren. Deshalb sind für den 9. Dezember 2017 Migrant*ìnnenvereine aus ganz Bayern in den Bayerischen Landtag eingeladen. Sie sind  wichtige Brückenbauer*innen für unsere heutige Gesellschaft. Mit dieser Veranstaltung sollen die Wahrnehmung und Anerkennung des geleisteten Engagements in den Vordergrund rücken. Die Vernetzung, aber auch das Kennenlernen guter Praxisbeispiele sind weitere Ziele. In den Workshops werden migrations- und integrationsrelevante Themen besprochen. Deren Ergebnisse sollen auch in die parlamentarische Arbeit und die politischen Diskussionen der Enquete-Kommission „Integration in Bayern aktiv gestalten und Richtung geben“ einfließen.

Die Veranstaltung wird organisiert durch die Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Kooperation mit MORGEN e.V., Netzwerk Münchner Migrantenorganisationen, Selbsthilfezentrum München, FöBE, Förderstelle Bürgerschaftliches Engagement sowie AGABY e.V. Unterstützt durch: Migrationsbeirat der Landeshauptstadt München und das bundesweite Projekt samo.fa (gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Flüchtlinge, Migration und Integration, umgesetzt durch den Bundesverband NEMO e.V.) 

Workshops zu den Themen:

             1.    Politische und gesellschaftliche Teilhabe
                    Mitra Sharifi- Neystanak, Vorsitzende AGABY
                     Dimitrina Lang, Migrationsbeirat München
             2.    Bildung, Geschichte der kulturellen Vielfalt
                    Christian Stegmüller, Schlau-Schule;
                    Moderation: Sigi Hagl, Landesvorsitzende
             3.    Arbeitsmarktintegration
                    Halil Ibrahim Durak, Talentscouts für Flüchtlinge,
                    Projekt AGABY "Beruflich anerkannt";
                    Moderation: Christine Kamm, MdL
             4.    Gesundheit und Pflege
                    Firouz Bohnhoff, MiMi;
                    Moderation: Ulli Leiner, MdL
             5.    Interreligiöser Dialog
                    Dr. Margret Spohn,
                    Leiterin Büro für Migration, Interkultur und Vielfalt - Stadt Augsburg;
                    Moderation: Gülseren Demirel,
                    Fraktionsvorsitzende Grüne Fraktion München
             6.    Frauenrechte, Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern
                    Dr. Mahbuba Maqsoodi, Verein Afghanischer Frauen in München;
                    Moderation: Verena Osgyan, MdL
             7.    Wohnen – Stadtentwicklung und interkulturelles Zusammenleben
                    Matthias Weinzierl, Bellevue di Monaco;
                    Moderation: Jürgen Mistol, MdL
             8.    Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung
                    Migrationsbeirat/Netzwerk Rassismus- und
                     Diskriminierungsfreies Bayern;
                     Moderation: Lourdes Ros
             9.     Medien – Darstellung und Beteiligung von Menschen
                      mit Migrationsgeschichte
                     Fatema Mian, Neue Deutsche Medienmacher, München
             10.   Interkulturelle Kulturarbeit
                     Torsten Groß, InterkulturBüro Nürnberg,
                      Moderation: Peter Hilkes
             11.   Zuwanderung und Asyl: Brauchen wir ein Einwanderungsgesetz?
                      Frau Kurt, Migrationsbeirat Landeshauptstadt München,
                      Fraktion B90/Die Grünen
             12.    Bürgerschaftliches Engagement von Migrantenvereinen
                      Erich Eisenstecken, Selbsthilfezentrum München
                      Friederike Junker, MORGEN e.V.,
                      Netzwerk Münchner Migrantenorganisationen). Moderation: Dr. Gerlinde Wouters, FoeBE

NEUGIERIG? Dann komm auch Du am 9.12.2017 in den Landtag!

Autor*In:
Dr. Gerlinde Wouters