München schaut hin
Am 6. Dezember 1992 wurde in München Geschichte geschrieben: 400.000 Menschen säumten die Straßen mit Kerzen in den Händen. Ein stummes, friedliches Zeichen, das in die Welt hinausging gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Vier Freunde hatten die Idee bei einem Wein und trafen damals mitten ins Herz unserer Weltstadt. Heute kann man sich fast nicht mehr vorstellen, wie das damals, ganz ohne Facebook, Whatsapp und Internet zu mobilisieren war. Im KVR glaubte man nicht an 100.000 Menschen doch es wurde die größte Demonstration in München der Nachkriegszeit.
Da die Aktion einmalig war, haben die Organisatoren entschieden bewusst keine Wiederholung zu planen. Trotzdem blieb es nicht bei einer Demonstration, sondern der Verein plante, unterstützte und organisierte zahlreiche Projekte in der Arbeit mit Geflüchteten. Heute ist die Lichterkette aus München nicht mehr wegzudenken.
s’werd scho wos wern wemma olle zammaheifa
Was wie eine alte münchnerische Weisheit klingt– es wird schon etwas werden, wenn alle zusammenhelfen) erweist sich als belastbare Formel und bewirkt in 25 Jahren vieles – ein Blick in die Chronik der Lichterkette lohnt sich! Einige erinnern sich vielleicht auch an den Kino-Spot 2012, der diesem Artikel seinen pragmatischen Titel leiht. Prominente Unterstützerinnen und Unterstützer wie Rosenmüller, Sportfreunde Stiller oder Simon Pearce waren hier mit von der Partie.
Auch bei der ausverkauften Geburtstagparty im Literaturhaus am 22.Januar war deshalb ein hochkarätiges Rahmenprogramm geboten. Nebst musikalischer Einlage von Konstantin Wecker, diskutierte er mit Giovanni di Lorenzo und Julian Nida-Rühmelin über die Herausforderungen unserer Zeit. Brigitte Hobmeier las aus einem Werk von Hannah Arendt. Dies sind nur Ausschnitte eines reichhaltigen und inspirierenden wie nachdenklichen Abend.
Persönlich konnte er nicht erscheinen – aber eine Grußbotschaft ließ es sich nicht nehmen:
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sandte seine Glückwünsche per Videobotschaft. Dabei sponn er eine Brücke von Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen zur heutigen Zeit. Eindeutig: die Botschaft und das Wirken der Lichterkette e.V. ist stets aktueller denn je. Den Einsatz für Toleranz und Mitmenschlichkeit hat es immer gebraucht und wird es immer brauchen.
25 Jahre Lichterkette ist auch ein Lebenswerk
Die Lichterkette ist ein Symbol des Gemeinsamen. Und so war auch der Geburtstagsabend von vielen Menschen geprägt. Doch Engagement der Menge geht häufig zurück auf Idee und Engagement des Einzelnen. 25 Jahre Lichterkette verdanken wir aber auch einer einzelnen Person – der Geschäftsführerin Hariett Austen. Fast von Anfang an ist sie dabei. Angestellt ist sie in Teilzeit – mit dme Herzen aber mehr als Vollzeit. "Ich habe es nie bereut", sagt die studierte Volkswirtin und Wirtschaftsjournalistin der Süddeutschen Zeitung, "es ist einer der vielseitigsten und sinnvollsten Tätigkeiten, die man haben kann." "Sie ist Seele, Herz und Motor des Vereins, ohne sie wäre alles nichts", sagt ein langjähriges Mitglied. Hariett ist ein Zusammenbringer. Ein Auf-Menschen-Zugeher. Sie ist neugierig und uneitel. Neue Projekte in der Landschaft freuen ise und fördert die Lichterkette. Wo so mancher Akteur sich vor Fassungslosigkeit aufplustert, wenn ein neuer Akteur in der Stadt sein langjähriges Engegament für Flüchtlinge nicht kennt, ist Hariett still und schmunzelt. Gerne erzählt sie unaufgeregt, aber mit leuchtenden Augen von ihrem verein – und schwelgt dabei nicht in der Vergangenheit sondern ist sofort bei der Frage: „Wie kann ich Euch unterstützen, damit wir gemeinsam die Zukunft besser gestalten.“ Wie es einmal ohne Hariett weitergehen soll, daran will aktuell niemand denken.
Wir schaun nach vorn!
Wie es weitergeht ist aber auch erstmal klar. Jährlicher kürt Lichterkette e.V. mit dem Münchner Lichtblicke Preis gemeinsam mit LHM und dem Migrationsbeirat Projekte, Einzelpersonen und Schulen, die sich vorbildlich für friedliches Miteinander, Toleranz und kulturelle Vielfalt einsetzen. Die Gewinner 2017 stehen bereits fest – werden aber noch nicht verraten. Wir dürfen gespannt sein auf die Preisverleihung am 10. April um 18 Uhr im Alten Rathaus.