Gesetze und Grundlagen
Aussenansicht der LOK Arrival - Freizeitstätte für geflüchtete Jugendliche

Gut vernetzt durch regelmäßige Gespräche

Das Willkommensteam kontaktiert in regelmäßigen Abständen alle Netzwerkpartner. Je nach Bedarfslage findet der Austausch per Mail, telefonisch oder persönlich statt. Meist sind wir mind. einmal im Quartal in Kontakt. Triz Heider gibt einen Einblick, was bei solchen Treffen besprochen wird.

Bevor ich einen Partner besuche, rufe ich mir auf, was für Daten über den Partner aktuell auf der Website im Intranet eingetragen sind. Auf Basis der eingestellten Angebote und Bedarfe schauen wir uns im Gespräch gemeinsam an, was noch aktuell ist und wo es ggf. Veränderungsbedarf gibt. Im heutigen Artikel geht es um den Netzwerkpartner Kreisjugendring München-Stadt. Im Jahr 2017 gab es noch zwei „Abteilungen“, die sich bei uns im Netzwerk eingebracht haben, beide waren durch mich betreut und teilweise haben wir auch gemeinsame Gespräche durchgeführt. Leider musste das Willkommen in München Team seine Arbeit einstellen (wir berichteten).
Mein letztes persönliches Treffen mit Besuch vor Ort war im Mai 2017. Im Herbst hatten wir viel Kontakt, haben uns aber nicht treffen können, da noch unklar war ob und wie es mit dem Willkommen in München Team des Kreisjugendrings weitergeht. Als feststand, dass die LOK Arrival auch in 2018 erhalten bleibt, haben wir gemeinsam aufgeatmet und uns für Mitte Februar vor Ort verabredet.

Besuch in der LOK Arrival auf dem Gelände der Bayernkaserne

Als ich zur Pforte der Bayernkaserne komme, stehen viele Menschen an. Ein Kollege von Jonas-Better-Place winkt mich vor und bittet mich noch die Post für die Freizeitstätte mitzunehmen. Sie haben alle Hände voll zu tun mit den Wartenden. Später erfahre ich: die Wartenden sind überwiegend Menschen aus dem Kälteschutz-Programm, das in den Wintermonaten Wohnungslosen ermöglicht in den leerstehenden Kasernenteilen zu übernachten. Sie harren vor dem Tor aus, bis sie ab 17 Uhr aufs Gelände und in die zugewiesenen Häuser dürfen.

Gleich nach dem Einlass sehe ich das geöffnete Lighthouse Welcome Center. Zwei Frauen machen dort heute den ehrenamtlichen Beratungsbetrieb. Ich störe nicht, denn sie sind bereits im Gespräch mit zwei jungen Geflüchteten, denen eine dampfende Tasse Tee überreicht wird. Auf meinem Weg zur Halle 23 in der die LOK liegt, komme ich noch an zwei Kasernenhäusern vorbei, die als Unterkunft dienen und an der Großküche von der ein undefinierbarer Duft zwischen orientalisch und fettig ausströmt. Trotz des sonnigen Nachmittags weht ein kalter Wind und es sind kaum Menschen auf den Wegen des Geländes. Das war nicht immer so: von meinen vorigen Besuchen weiß ich, dass sonst auch viel des Lebens in der Bayernkaserne draußen stattfindet und Musik oder zumindest Getrommel in der Luft lag.

Als ich zur LOK Arrival einbiege schneiden mir zwei kleine Jungs von etwa zehn Jahren auf Rollern den Weg ab. Sie lachen und verfolgen sich gegenseitig, nehmen mich nur am Rande wahr und verschwinden schnell in der Freizeitstätte. Der Vorplatz der LOK ist recht leergeräumt und ich gehe direkt hinter die Halle zu den Bürocontainern. Es gibt keine Klingel, aber ich sehe durchs Fenster Jenny, die Leitung der LOK, sitzen und klopfe an die Scheibe. Sie erzählt mir später, dass sie sich schon so auf den Frühling freuen, denn im Mai starten sie mit einem neuen Gartenprojekt.

Bei einem Kaffee besprechen wir, was sich seit meinem letzten Besuch getan hat. Durch die Reduktion der Stellen im Team mussten die Öffnungszeiten angepasst werden. Trotzdem ist die LOK stark nachgefragt und sehr gut besucht. Neben den 200-300 Kindern, die in den Häusern der Bayernkaserne leben, kommen nun immer öfter auch ganze Gruppen aus der Funkkaserne und der Lotte-Branz-Straße gemeinsam mit den sozialpädagogischen Ergänzungskräften.

Warum es so wichtig ist die Bedarfe gut zu kennen

Wir sprechen über die aktuelle Situation: während es 2015 noch sehr viele Helferinnen und Helfer gab, so hat sich mittlerweile die Zahl der Helfenden wieder drastisch verringert. Ich kann Jenny aber beruhigen, das erleben aktuell viele Einrichtungen und sie erzählt auch, dass es seit dem neuen Jahr wieder neue Anfragen gibt. Die Einsatzmöglichkeiten als Ehrenamtliche in der LOK sind vielfältig. Die Meisten fragen jedoch für punktuelle Einsätze an, was auch zu den großen Festen gut möglich ist. Trotzdem hat sich gerade im letzten halben Jahr ein veränderter Bedarf ergeben: einige Geflüchtete, die nun schon länger hier leben, haben einen längerfristigen Wunsch nach Unterstützung und Begleitung. Gerade für Mädchen und junge Frauen sucht Jenny nach einheimischen Frauen, die zur Seite stehen. Hier passend ist die Unterarbeitsgruppe des Netzwerks zum Thema Patenschaften, wovon ich Jenny erzähle. Da die LOK kein eigenes Patenschaftsprojekt anbietet, kannten sie diese Fachgruppe gar nicht und findet es gut zu wissen, wohin sie sich mit Detailfragen wenden kann. Ich erzähle weiter: Gerade für weibliche Flüchtlinge gibt es juno, ebenfalls ein Netzwerkpartner (über den wir im Dezember berichtet haben LINK), doch hier brauche ich gar nicht ausführlich zu werden, denn das kennt Jenny bereits und sie stehen in gutem Kontakt.

Sie bekommt leuchtende Augen, als sie mir von den Socialdays einiger Firmen im letzten Halbjahr erzählt. Die LOK ist ein Einsatzort, die sehr gerne mit Gruppen zusammenarbeitet und Tagesaktionen durchführt. Beim gemeinsamen Kochen von Flüchtlingen und „business-Menschen“ passiert echte Begegnung und viele Vorurteile können dabei abgebaut werden.

Veränderungen frühzeitig erkennen

Wir unterhalten uns auch darüber, wie kontinuierlich einige Freiwillige dabeibleiben. Selbst diejenigen, die nur als „Einmalhelfer“ bei einem Fest dabei waren, lassen sich in den Emailverteiler aufnehmen und wollen mitverfolgen, was sich tut. Etwas traurig ist Jenny, wenn vereinbarte Erstgespräche nicht wahrgenommen werden und sich der/die Interessierte dann gar nicht mehr meldet. Immer wieder mal komme das vor und es ist schwierig, weil ja die Gründe für das Wegbleiben manchmal im Dunklen bleiben. Insgesamt teilen Jenny und ich die Beobachtung, dass viele Menschen sich nicht mehr langfristig engagieren können bzw. die Verbindlichkeit, die das Amt fordert für manche Menschen neben dem Beruf und der eigenen Familie zu viel ist. Sie erzählt mir aber auch, dass viele junge Leute sich melden: Studierende, die gerne Praxiserfahrungen in den Semesterferien machen wollen und dann doch langfristig bleiben und auch andere Erwachsene, die „jetzt erst Recht“ neu im Engagement für Geflüchtete durchstarten.

Im Herbst hat die LOK einen Infoabend zum Thema Wohnen, gemeinsam mit den Münchner Freiwilligen (auch über deren Wohnprojekt gibt es einen Magazinartikel LINK), angeboten. Das Interesse war so groß, dass immer noch Gäste davon sprechen und auch Hilfe und Unterstützung im Thema Wohnen suchen. Über den Münchner Wohnungsmarkt wollen Jenny und ich nicht sprechen, wir wissen beide wie schwierig ist es. Sie erzählt mir aber auch von Erfolgsgeschichten: einigen Familien sei es gelungen eigenen Wohnraum zu finden! Manche in Pasing, einige Familien bis nach Hof! Als ich nachhake woher sie weiß, wohin die Familien gezogen sind, lacht sie: sie weiß es deshalb, weil die Kinder der Familien bereits in die Freizeitstätte in Hof gegangen sind und noch Grüße übers Internet schicken.

Persönlicher Kontakt und fester Ansprechpartner

Neben den aktuellen Themen der LOK ist auch ein Themenblock, was sich in unserem Netzwerk derzeit tut. Wir sprechen über das anstehende Netzwerktreffen und die Jahresplanung für 2018. Im Hintergrund steht eine Pinnwand mit Milestones für die LOK: im Oktober klebt eine Moderationskarte „Wahl“. Auch ein kurzer Austausch über die politische Lage wird Teil unseres Gesprächs. Wie es mittel- und langfristig aussieht steht in den Sternen: die Finanzierung der LOK läuft noch bis Ende dieses Jahres. Jenny hofft und ist entschlossen: sie wollen bleiben, solange das Gelände mit Familien mit Kindern belegt ist. Derzeit sieht es nicht so aus, als würde sich daran etwas schnell ändern (aber wir wissen beide, wie schnell und dynamisch die Flüchtlingshilfe manchmal reagieren muss). Die Abrissplanung im Zuge der Neugestaltung des Stadtbezirks sieht vor, dass die ersten Häuser bzw. Baracken mit Jahresbeginn 2019 abgerissen werden. Trotzdem kann sich heute noch niemand vorstellen, dass alles „hoppladihopp“ vorbei sein wird. Das „Ökosystem“ Bayernkaserne funktioniert und die gewachsenen Kooperationen der beteiligten Netzwerk-Einrichtungen (neben dem bereits erwähnten Lighthouse auch die Innere Mission und die Lernwerkstatt Halle36) zeigen, wie Integration Hand in Hand gelebt werden kann.

Am Ende unseres Gesprächs schauen wir noch in die Halle. Unterwegs erzähle ich von der aktuellen Fahrradteilespende, doch Jenny winkt ab: als Newsletter-Leserin weiß sie längst Bescheid und hat schon mit den Kollegen gesprochen. In der Halle entdecke ich einen neuen Pavillon, in dem eine gemütliche Sofaecke steht. Ich frage nach und erfahre, dass der nicht neu ist, sondern im Sommer draußen steht. Wir verabschieden uns im Getöse eines gerade stattfinden Fußball-Matches im hinteren Hallenteil. Ich entdecke auch den Jungen auf dem Roller wieder, wie er ein zweites Mal an mir vorbeisaust. Um seinen Hals baumelt ein Hausausweis: die plastische Erinnerung an einen Sachspendenbedarf, womit man der LOK immer eine Freude macht: Schlüsselbänder.