Afghanistan – das überleben sichern
Machtübernahme durch die Taliban
Unser Büroleiter in Afghanistan, Stefan Recker, war bis vor Kurzem noch vor Ort und berichtet: "Die Menschen fürchten um ihr Leben. Die Sicherheitslage ist aktuell eine ihrer größten Sorgen, aber nicht die Einzige: Die Folgen der Corona-Pandemie wiegen schwer und die Menschen leiden akut Hunger."
Fast die Hälfte der Bevölkerung in Afghanistan, 18,4 Millionen Menschen, hat derzeit nicht genügend zu essen, über drei Millionen Kinder sind mangelernährt. Grund sind unter anderem lange Dürreperioden, die dazu geführt haben, dass Ernten ausfallen und Trinkwasser knapp ist. Aber auch die schlechte wirtschaftliche Situation im Land, die durch die Corona-Pandemie zusätzlich verschärft wurde, führt dazu, dass etwa 60 Prozent der Afghanen und Afghaninnen unterhalb der Armutsgrenze leben und dringend Humanitäre Hilfe benötigen.
In der Provinz Ghor hungert mittlerweile jeder zweite Einwohner. Gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation CHA versorgt Caritas international 17.000 Personen mit Nothilfegütern und stellt den Zugang zu Trinkwasser durch Brunnenbau sicher. Foto: Sybille Mani / Caritas international
Caritas bleibt an der Seite der Afghaninnen und Afghanen
Bereits vor der erneut eskalierenden Gewalt durch die Taliban brauchten die Menschen in Afghanistan dringend Unterstützung. Nun steigt der Bedarf an Humanitärer Hilfe enorm an. In manchen Gebieten des Landes gehen die zahlreichen Hilfsprojekte von Caritas international weiter. In anderen Orten müssen die Projektaktivitäten vorerst eingeschränkt werden, um die Sicherheit der lokalen Mitarbeitenden zu gewährleisten. "Wir arbeiten unter Hochdruck daran, die Hilfen schnellstmöglich fortzuführen", versichert Büroleiter Stefan Recker. Eine Möglichkeit bestünde darin, belastbare Sicherheitsgarantien von den lokalen Machthabern zu erhalten, damit Caritas-Fachkräfte vor Ort ohne Angst arbeiten können.
Caritas international will an der Seite der Menschen in Afghanistan bleiben und tut in diesen Tagen und Wochen alles, damit das gelingt. Trotz der dramatischen und unübersichtlichen Situation haben wir Möglichkeiten zu handeln:
"Wir kümmern uns jetzt darum, wie wir dringend benötigte Hilfsgüter für Menschen auf der Flucht beschaffen können", berichtet Recker. Afghanen und Afghaninnen, die in Nachbarländer wie den Iran und nach Pakistan flüchten, werden dort durch die lokale Caritas versorgt. Die Kollegen und Kolleginnen planen die Nothilfe unter anderem mit Nahrungsmitteln oder Hygienepaketen; sie wollen zudem Unterkünfte, Duschen und Toiletten zur Verfügung stellen.
Hunderttausende Afghaninnen und Afghanen sind auf der Flucht. Unsere Caritas-Kolleg_innen im Iran und in Pakistan planen die Versorgung der Flüchtlinge, die es über die Grenze schaffen. Foto: AFP
Vielseitige Hilfe seit drei Jahrzehnten
Caritas international unterstützt die Menschen in Afghanistan seit 30 Jahren. Seitdem wir vor Ort aktiv sind, haben wir in 133 Gemeinden Projekte aufgebaut und durchgeführt. Einige konkrete Hilfsbeispiele der letzten Jahre und Monate:
- Kampf gegen den Hunger: In Provinz Samangan wurde kurz vor der jüngsten Eskalation des Konflikts ein Projekt zur Nahrungsmittelsicherung gestartet: An etwa 8.000 Menschen wurde Bargeld verteilt, damit sie Essen und Kochgeschirr kaufen können.
- Einkommensmöglichkeiten schaffen: Da es oft an regulären Jobs, aber auch an entsprechender beruflicher Ausbildung fehlt, werden in Kabul und Balch Weiterbildungskurse durchgeführt.
- Psychosoziale Betreuung: In verschiedenen Flüchtlingssiedlungen bieten die Helferinnen und Helfer psychosoziale Hilfe an. Viele Menschen haben durch den jahrelangen Krieg traumatische Erfahrungen gemacht.
- Trinkwasser und Hygiene: Mit Unterstützung des Auswärtigen Amts baute Caritas hunderte Brunnen und Biosandfilter, durch die Trinkwasser aufbereitet werden kann. An dem Bau neuer Trinkwasserbrunnen werden die Menschen aktiv beteiligt. Für ihre Arbeit erhalten sie einen Lohn (Cash-for-Work). Außerdem gibt es Hygienetrainings.
- Gesundheit für Mutter und Kind: In Flüchtlingslagern in Kabul stellt Caritas gemeinsam mit Terre des Hommes die Basisgesundheitsversorgung für Mütter und Kinder sicher. Hebammen und ausgebildete freiwillige Helferinnen sorgen für die physische und psychische Gesundheit.
- Weg von den Drogen: Im Beratungszentrum begegnen die Helfer_innen den Suchtkranken mit Verständnis, hier erhalten sie medizinische und soziale Hilfe in Form von Entzugstherapien, Beratungen und Workshops.
- Unterstützung für Menschen mit Behinderung: In einer Orthopädiewerkstatt in der Provinz Faryab fertigen unsere Mitarbeitenden Prothesen und andere Hilfsmittel für Menschen mit Behinderung an.
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Behandlung von Lepra- und Tuberkulose: Tuberkulose ist eines der größten Gesundheitsprobleme in Afghanistan. Seit Mitte der Achtziger Jahre unterstützt Caritas international, gemeinsam mit weiteren Hilfsorganisationen, Gesundheitseinrichtungen, wo sich unsere Projektpartner_innen um Lepra- und Tuberkulose-Infizierte kümmern. In Fachkliniken finden die Betroffenen Ansprache und Behandlung – vor allem in den ärmsten Teilen des Landes, wo es an öffentlicher Gesundheitsversorgung mangelt.
Übersicht unserer Hilfen für Menschen in Afghanistan
Projekte in Afghanistan | Region | Erreichte Personen |
---|---|---|
Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen | Maimana | 8.000 |
Nothilfen für Binnenflüchtlinge | Kandahar Stadt | 1.500 |
Nahrungsmittelhilfen über Bargeldtransfers | Prov. Ashterlay, Miramor, Sharistan-Daykundi | 18.400 |
Dürrehilfen | Provinz Samangan | 8.630 |
Behandlung von Leprakranken | Landesweit | 6.400 |
Winterhilfen für Flüchtlinge/Rückkehrer | Provinzen Herat, Ghor, Kandahar | 57.000 |
Berufsausbildung für Flüchtlinge/Rückkehrer | Distrikt Balkh | 1.260 |
Gesundheit für Mutter und Kind | Kabul | 15.000 |
Psychosoziale Hilfen für Flüchtlinge in Camps | Kabul | 3.300 |
Psychosoziale Hilfen für Drogenabhängige | Kabul | 1.668 |
Nahrungsmittel, Hygiene und Unterkünfte für Flüchtl. | Provinz Herat | 100.500 |