Aktuelles aus München
Impression vom Sommerfest 26.06.2017

Abschied ? – Neuanfang !

In der Flüchtlingshilfe begegnen uns tagtäglich Abschiede. Für manche ist das nicht leicht. Pater Schlosser von Helferkreis Untergiesing sieht darin jedoch Chancen.

Sich verabschieden – das erleben wir wohl täglich.

Das kann harmlos, belanglos sein oder auch sehr dramatisch – je nachdem von wem und für wie lange wir uns verabschieden. Abschiede gibt es auch im Engagement mit und für geflüchtete Menschen.

Wenn es dabei um Einzelne oder Familien geht, die man Wochen, Monate, Jahre betreut und begleitet hat, dann ist dies genauso vielfältig wie die bunte Landschaft der Völker, Nationen, Religionen und Ethnie die sich da bei uns einfinden. Das hat dann mit Loslassen oder auch mit Loswerden zu tun – je nachdem. Und nicht selten mit einem Gemisch davon.

Es kommt dabei nicht nur darauf an, was war, sondern auch darauf, was nun sein wird.

Manchmal freuen wir uns wenn z B jemand sich von uns in München verabschiedet, weil er im Ruhrgebiet zu Verwandten ziehen kann; manchmal ist es bitter oder auch dramatisch, wenn jemand erzwungenermaßen unser Land verlassen muss.

Abschied von unserer Unterkunft

Wir vom Helferkreis Untergiesing mussten uns in diesem Herbst von einem ganzen Haus, einer „Übergangs-Einrichtung“ verabschieden: das Haus an der Hellabrunnerstraße („Osram-Haus“) wurde wie geplant dem zukünftigen Besitzer übergeben. Die bis zu 800 dort wohnenden Menschen verstreuten sich über ganz München und darüber hinaus. Für viele war es eine Erleichterung, weil das ganze Gebäude nicht ideal war, um Menschen auf Dauer aufzunehmen. Deswegen war dies zunächst kein schlimmer Abschied.

Doch es bedeutet auch, dass unser Helferkreis in der Form, wie er die beiden letzten Jahre bestand, keinen Sinn mehr macht.

Wie wir diesen Abschied gestalten, scheint mir auch ein Modell dafür zu sein, wie wir generell uns von einzelnen Menschen, Gruppen oder auch Orten verabschieden können:

Wir haben ein „Danke-Fest gefeiert“ – mit Bewirtung und Zeit füreinander. Ein paar kurze Ansprachen, keine Analysen und viel freie Zeit – das war wohltuend! Sich verabschieden kann heißen: dankbar zurückschauen und dies auch zum Ausdruck bringen, bzw. sich dafür überhaupt Zeit zu nehmen.

Ich durfte ein solches Abschiedsfest auch in kleinem Rahmen im Blick auf einen Geflüchteten erleben.

Wenn etwas aufhört, muss dies kein Tal der Tränen sein – es kann zunächst einfach eine Gelegenheit zum dankbaren Rückblick werden

Bild entfernt.

Rückansicht Sommerfest 26.06.17; Foto: privat (c) Caritas

Wir machen weiter - gemeinsam

Als Gruppe hören wir nicht auf! Alle, die irgendwie weitermachen wollen – mit oder ohne eine Vorstellung – werden sich demnächst treffen. Dann schauen wir gemeinsam, was jetzt Sinn macht – wie der „Helferkreis Untergiesing“ sich nun definiert und wozu er dienen soll.

Austauschforum für alle, die sich irgendwie engagieren;

Warteraum um bei Bedarf sich auf eine neue Einrichtung zu spezialisieren;

Denk-Kreis, um Projekte zu planen;

Diskussionsforum um politische Aktivitäten zu unterstützen oder zu initiieren.

wer weiß?

Schließlich haben doch viele erlebt, wie auch ihr Engagement für einen Einzelnen, eine Gruppe oder eine Einrichtung sich immer wieder verändert hat. Man war und ist oft gefordert, sich auf neue Gegebenheiten und Rahmenbedingung der Politik, der Biographie eines Menschen oder auch der eigenen Kapazitäten einzustellen.

Das Ende eines Prozesses, einer Aufgabe oder einer Unterstützung kann immer auch die Gelegenheit bieten, sich zu orientieren und eine neue Richtung einzuschlagen. Wer immer nur geradeaus läuft, gelangt nur selten an sein Ziel. Auch auf unseren irdischen Wegen müssen wir oft abbiegen oder gar umkehren.

Pausen sind erlaubt!

Pausen sind erlaubt. Wenn wir uns jetzt bald wieder treffen, werden wir deutlich weniger sein als bislang. Aber das heißt nicht, dass alle anderen „weg“ sind. Sie suchen entweder einen neuen Weg oder brauchen eine Auszeit. Ein Wieder-Einstieg ist immer möglich!

So wie die Natur ihre Pausen braucht (Nacht, Winter), so ist das auch mit unserem Wesen.

Der Sonntag ist übrigens deshalb ein eminent wichtiges Gut – eine Auszeit für möglichst Viele!

Vielleicht ist ein Abschied in unserem Vorhaben auch einfach eine Gelegenheit, aufzuatmen!

Abschied lädt zum Neuanfang ein

Wenn Altes beendet ist, tun sich Neulinge leichter:

Ich spekuliere darauf, dass unser kleiner Neubeginn Menschen ermutigt zu uns zu stoßen, weil nicht alles festgelegt ist und „die Karten neu gemischt werden“.

Was lange besteht hat ja oft die Neigung, allzu festgefahren zu sein und irgendwann auch – trotz aller Beteuerungen – nicht mehr offen für  neue zu sein.

Der Abschied lädt manche ein, neu anzufangen.

 

Als Pfarrer darf ich sehr viele Zusammenkünfte und Ereignisse mit einem Segen beenden. Das Zeichen des Segens ist ein Kreuz – das kann man auch als „Plus“ sehen:

+ ?

…und es geht irgendwie weiter

 

Autor*In:
Michael Schlosser